DRUCK. Ist dieser Begriff für euch eher positiv oder eher negativ konnotiert? Zugegeben etwas gemein von mir, diesen Begriff ohne weiteren Kontext in den Raum zu werfen. Aber was war euer erster Gedanke?
Druck auf der Arbeit? Druck durch den Vorgesetzten? Zeitdruck durch eine Deadline? Vielleicht der Anpressdruck, der auf zwei Materialien wirkt, wenn man sie aneinander presst? Der Anpressdruck vom Fahrzeug auf die Straße?
Leidensdruck? Psychischer oder physischer Druck?
Nun, ich werde auf den psychischen und physischen Druck eingehen, der sich in einer Session aufbauen kann. Davon abgesehen fand ich es immer schon sehr interessant, wie ähnlich sich die beiden Worte „psychisch“ und „physisch“ zumindest im Schriftbild ähneln. Ich muss oft zweimal das Wort lesen, um den Unterschied zu erkennen. Und immer wieder interessant, wie sehr sich diese beiden „Drücke“ in einer Session gegenseitig bedingen.
Die, die mich bereits aus unseren Sessions kennen, wissen, wie wichtig mir die Berührung ist. Wie schwer es mir fällt, fallen würde, wenn ich es nicht tuen könnte.
Es wäre da einmal die Massage, die vielleicht am eingängigsten ist, um den physischen Druck zu beschreiben. Ich variiere den Händedruck, je nachdem, wer auf meiner Liege liegt oder auch wie fest derjenige massiert werden möchte. Nicht zu vergessen, was erreicht werden soll. Eine sanfte Wellnessmassage ist etwas ganz anderes als eine harte Faszien- und Triggerpunktmassage. Aber auch innerhalb meiner Wellnessmassage wende ich verschiedene Techniken an. Vom Streicheln bis Kneten, vom Walken bis Verwringen oder auch einfach längeres, festes Drücken ohne weitere Bewegung. Manchmal halte ich in einer Bewegung inne und drücke sanft in gewisse Stellen des Körpers unter mir, solange bis sein Druck nachgibt. Manchmal benötigt eine Massage keine Geschwindigkeit, kein stetiges Durchkneten, sondern einfach mal einen statischen Druck, sodass der Massierte Zeit hat, sich selbst zu spüren, durchzuatmen und den Körper entspannen zu lassen.
Ähnlich ist es beim Kuscheln. Oft werde ich gebeten, fester zu halten oder mein ganzes Gewicht auf meinen Gegenüber zu legen und dann stillzuliegen. Wir beide halten dann für einen längere Zeit inne, hören und spüren vielleicht den Herzschlag und die Atmung des anderen und sind ganz im Moment. Die Atmung wird ruhiger und die Muskeln werden weicher.
Ebenso kann ich es auch auf den Ringkampf anwenden, dazu werde ich aber einen gesonderten Beitrag schreiben.
Fakt ist, wenn der physische Druck, den ich auf dich anwende, wirken kann, und deinen physischen Druck in Form eines hohen Muskeltonus reduzieren kann, folgt oft auch eine Druckentlastung auf psychischer Ebene. Ich versuche dich eben mit dem „richtigen“ Druck zu entspannen bzw. deinem „falschen“ Druck entgegenzuwirken, ihn aufzulösen.
Kennst du das? Du fühlst dich irgendwie schwebend, mitten in der Luft, schwerelos. Du bewegst dich, aber es fehlt der Gegendruck. Als verpufft die Energie ins Nichts. Du gibst, aber es kommt nichts dafür zurück. Zu meinem allmorgendlichen Aufstehen gehört immer als Erstes das Recken-und-Strecken im Bett. Aber eben nicht ohne Gegendruck. Ich strecke dazu meine Arme über den Kopf, sodass ich mit meinen Händen flach gegen das Rückenteil von meinem Bett drücken kann. So drücke ich meinen ganzen Körper fast einen halben Meter nach vorne bis ich ganz gestreckt bin und parallel strecke ich meine Beine ganz lang, indem ich meine Fußspitzen zum Körper ziehe, und so halte ich ein paar Sekunden die Körperspannung. Das würde sich so komisch anfühlen, wenn ich das ohne Widerstand machen müsste. Wenn ich dann loslasse, ist mein Körper sichtlich entspannter und ich kann aufstehen.
So geht es analog vielen im täglichen Leben. Sie verspüren überall Druck oder mit anderen Worten Stress, fühlen sich dabei aber schwerelos im negativen Sinne. Kein Bodenkontakt mehr, nichts was sie erdet. Wie ein Heliumballon. Ich möchte an deiner Schnur ziehen und dich wieder auf den Boden zurückholen. Dir auch in gewisser Form einen Gegendruck ermöglichen, damit du einmal explodieren kannst. Explodieren in einem gesunden Rahmen. Vielleicht kann ich das am Besten so erklären. Stell dir vor du stehst auf beiden Beinen und deine Arme links und rechts hängen frei am Oberkörper herab. Wenn du jetzt explodieren würdest, würden deine Arme beispielsweise einfach unkontrolliert links und rechts in die Höhe schießen und du würdest dich vielleicht auch noch dabei verletzen. Versuche das ganze einmal, wenn ich dich und deine Arme fest umschlinge. Du versuchst mit aller Kraft meine Arme auseinander zu drücken, explodierst dabei gefühlt komplett, bewegst dich aber im sicheren Rahmen meiner Arme nur wenige Zentimeter. Du drückst solange zu bis dir die Kraft ausgeht. Den gesamten Druck hast du dabei entladen, bist aber noch ganz. Ganz einfach, weil der passende Gegendruck da war.
Und wie oben bereits angedeutet, ist dieser physische Druck erstmal auf Null, öffnet sich eventuell das Ventil des psychischen Drucks. Und auch dieser Druck kann sich durch meinen physischen, körperlichen Gegendruck entladen. Eben das die Luft durch das Ventil abgelassen werden kann, aber das Ventil dabei nicht platzt. Ich halte dich, bis die Nadel deines Manometer wieder im grünen Bereich liegt.


